Tahiti to Tonga 1400 nm Passage Zyklon Saison in der Südsee. Und wir stechen dennoch in See. Es ist schon wieder Dezember und Weihnachten rückt immer näher. Ich bin wieder einmal unterwegs, wieder einmal in Neuseeland um dem Winter in Deutschland zu entgehen. Das ist nun schon das zweite mal das ich hier überwintere. Ein überaus freundliches Land mit einer besonderen Vorliebe für Boating. Kein anderes Land in der Welt hat ein annähernd gleiches pro Kopf Aufkommen an Boote per Einwohner wie Neuseeland. Einer der Gründe warum ich mich für diesen Ort entschieden habe. Genauer gesagt habe ich mich in Auckland niedergelassen. Die Stadt der Segel wie sie auch genannt wird, soll mir als Basisstation dienen, denn eine meiner größten Leidenschaften ist der Segelsport. Hier sollte es doch genügend Gelegenheiten geben als Crew aufgenommen zu werden und wenn möglich auf Tour zu gehen. Mein Ziel. Die Südsee Inseln. Die Inseln in der Südsee waren schon immer mein Traum. Auch schon als ich noch mit meinen Kinder auf unserer Segelyacht in Honolulu Hawaii gelebt habe. Einmal Segel setzen, die Piratenflagge aufziehen und in Richtung Südsee mit Kind und Kegel, das war mein Ziel. Wie immer kommt alles anders als man denkt und so ist es, dass meine Kinder jetzt mit ihrer Mutter wieder in Deutschland leben und damit zwangsläufig auch ich. Zumindest vorübergehend. Und auch nur über die Sommermonate. Nach über einem Jahrzehnt in den Tropen kann ich ohne die Sonne nicht mehr leben. Ein erster Winter in der alten Heimat war schwer genug gewesen und so bin ich den darauffolgendem Winter ausgebüchst und das erste Mal nach Neuseeland geflogen, um zu überwintern. Wie auch schon in dem Jahr zuvor habe ich einen kleinen Aushang in einem der Yacht Clubs in Auckland hinterlassen. Crew position wanted. Yachts going towards South Pacific Islands. Damit habe ich mich als Crewmitglied angeboten auf Segelyachten die in Richtung Südseeinseln aufbrechen.
Und gerade als ich mir Gedanken mache, wie ich die Weihnachtsfeiertage hier in der Ferne und ohne meine Kinder verbringen soll, erhalte ich einen Anruf von einem Skipper Namens Mike. Er erzählt mir, er hätte den Auftrag einen Katamaran von Tahiti nach Tonga zu überführen und fragt, ob ich Interesse hätte als Crew mit zu segeln, er hat meinen Aushang im Yachtclub gelesen. Die Überführung würde voraussichtlich 10-12 Tage dauern und er könnte eine extra Hand gut gebrauchen. Der Auftraggeber ist eine Chartergesellschaft aus Neuseeland. Der Katamaran soll in die Fleet der Niederlassung in Tonga als Charter Boot aufgenommen werden. Wir vereinbaren, uns am nächsten Tag zu treffen und uns einmal näher kennenzulernen. Ich treffe mich mit Mike in einem Cafe nicht weit von meinem derzeitigen Wohnort. Mike erzählt mir von einer Vielzahl von Überführungen, die er in den letzten Jahren hinter sich gebracht hat. Einige hätten über 4 Monate angedauert und über den halben Erdball gereicht. In diesem Fall soll ein Katamaran, eine voll ausgestattete Lagoon 420 überführt werden. Der Katamaran ist mir natürlich bekannt. Ist er doch in fast allen Segelmagazinen als Charter Boot abgebildet. Die Vorstellung einen dieser luxuriösen Segler einmal erleben zu können, gefällt mir auf Anhieb. Allerdings war mir bewusst, dass wir uns gerade am Anfang der Zyklon Saison befinden und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte gerade in dieser Zeit eine Passage von ca. 1400 nm durchzuführen. Mike erzählt mir, dass sich das Boot in einem Hafen in Papeete, Tahiti befindet und er schon morgen Nachmittag dort hinfliegen wird, um sich um die Vorbereitungen zu kümmern. Derzeit wird an einem der Motoren gearbeitet. Ein Ölleck muss behoben werden. Er hätte gerne beide Motoren zur Verfügung, sonst wäre unsere Passage mit nur einem Motor ein wenig eingeschränkt. Da es sich aber um realativ neue Motoren und einen Garantiefall handelt, sieht er keine Probleme. Ich zeige mich weiterhin interessiert und frage ihn wie er es denn mit der Zyklon Saison sieht, die ja wie ich wusste gerade begonnen hatte. Mike erklärt mir, dass es ihm vollkommen bewusst sei, dass die Zyklon Saison im Anmarsch ist und er dieses auch noch erwähnen wollte. Zudem befindet sich ein Zyklon gerade über den Fidschi Inseln und steuert gerade auf Tonga zu, unserem Überführungsziel. Er erklärt mir, dass dieser Zyklon ziemlich verfrüht ist in dieser Saison und bei der Zeit da wir dort ankommen werden, ist alles wieder vorbei. Dennoch möchte er so schnell wie möglich aufbrechen und Tahiti in Richtung Tonga verlassen. Mein Abflug nach Tahiti wäre auch schon für kommenden Freitag geplant, sollte ich mich entscheiden dabei zu sein. Die Chartergesellschaft würde für meine Flüge zu und vom Boot aufkommen, zudem wäre für Speisen und Getränke gesorgt. Möglicherweise ist sogar ein kleiner Bonus drin. Am Ende unseres Gespräches erkläre ich Mike, dass ich generell weiterhin interessiert wäre; eine Passage über den Südpazifik wäre eine großartige Erfahrung für mich, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich in so kurzer Zeit meine persönlichen Sachen erledigen könnte um am Ende der Woche schon aufzubrechen. Die Wahrheit war, dass ich noch etwas Bedenkzeit brauchte. Ich erklärte Mike ich würde mich bei ihm am Nachmittag telefonisch nochmals melden. Dann schossen mir noch zwei Fragen in den Kopf, bevor ich mich aufmachte und den Laden verließ. So frage ich noch schnell, wie sieht es denn mit einem Wetterfax aus auf dem Boot. Und sind denn auch Sturmsegel vorhanden? Mike erklärt, ein Wetterfax wäre nicht an Board aber dafür ein Satellitentelefon. Sturmsegel glaube er, wären keine vorhanden. wenn es wirklich schlimm werden sollte würde er nur mit dem Pole laufen. Sozusagen ohne Segel segeln. Damit verabschiedete ich mich von Mike, nicht gerade überzeugt von dem Vorhaben und beschloss, mir noch ein paar zusätzliche Informationen über das Wetter im Südpazifik zu dieser Jahreszeit einzuholen, bevor ich mich für diesen Trip entschließen würde. Ich fahre in ein Internet Cafe und surfe das Internet nach Zyklon Saison Südpazifik und erhalte die Informationen, die ich erhofft habe. Ich betreachte mir die Zyklon Saison 2008-2009 und mache folgende Feststellungen: Insgesamt sind 14 Zyklone im Südpazifik aufgetreten. Alle Zyklone waren über die gesamte Fläche des Südpazifik verteilt möglich. Die meisten Zyklone waren in der Kategorie 1-2 mit Windstärken von Durchschnittlich 80 km/h und Böen bis zu 164 km/h. 8 Zyklone waren weiter östlich von unserem Ziel angesiedelt gewesen. Einer davon war in der Kategorie 5 mit Windstärken von 200 hm/h und Böen von über 280 km/h. Aufgetreten sind die Zyklone in den Monaten Januar bis in den Monat April. Alle Zyklone hatten ihren Ursprung im Norden und verliefen in Richtung Süden wo sie ihre volle Stärke erreichten, bevor sie dann weiter südlich ausliefen. Unsere Reise würde von Osten nach Westen verlaufen. Also quer zum Verlauf der Zyklone. Tatsächlich war ich überrascht wieviele Zyklone in nur einer Saison aufgetreten sind, dennoch hatte ich das Gefühl, durch die errungenen Erkenntnisse das Risiko besser einschätzen zu können. Nach meiner Einschätzung würde eine weiter nördliche Route weniger Gefahren in sich bergen, was ohnehin einer direkten Route von Tahiti nach Tonga entsprach. Wolkengebilde am Horizont. Barometer fällt in kürzester Zeit. Ich hoffe nur, dass wir früh genug über das Formen eines Zyklons informiert werden würden um entsprechend handeln zu können, sollte es wirklich dazu kommen, was ich natürlich nicht hoffte. Wie dem auch sei, ich verlies das Internet Cafe, gab Mike einen Anruf und teilte ihm mit, dass ich dabei sein würde. Ich hatte ja sowieso nichts besseres zu tun und zudem konnte ich eine Ablenkung von den Feiertagen gut gebrauchen. Mike war hörbar erfreut über meine Zusage und erklärt “das sind ja wirklich gute Neuigkeiten”. Die Chartergesellschaft würde alles weitere erledigen und die Flüge buchen. Er wäre Morgen schon im Flieger Richtung Tahiti unterwegs. Wir würden uns dann in Tahiti wiedersehen. Also bis dann. Skipper IN SORGE über Barometer und schreibt eine Bemerkung ins Logbuch. Von 1002 auf 988 in 4 Stunden. Das war’s. Ich hatte Mike eine Zusage gegeben, ihm bei der Überführung zu helfen. Ich würde also über Weihnachten und Neujahr den Südpazifik überqueren und der Zyklon Saison trotzen. Ich hoffte nur, der Wettergott würde es gut mit uns meinen und uns zufrieden lassen. Nur drei Tage blieben mir, mich vorzubereiten. Zwischenzeitlich bekam ich auch schon die Bestätigung von der Chartergesellschaft mit den Daten meines Fluges nach Tahiti. Dritter im Bunde sollte ein zweiter Mike sein. Ein Neuseeländer mit nur wenig Erfahrung im Segeln. Ihn würde ich am Flughafen in Auckland treffen. Wie sich herausstellt ein sehr netter und hilfsbereiter Kerl. Er ist in der Neuseeland Army und hat sich zum Ziel gesetzt einmal als Sicherheitsbeauftragter in der internationalen Schifffahrt zu arbeiten. In 5 Stunden würden wir in Tahiti landen und ich würde mich endlich wieder einmal in den Tropen wiederfinden. In Tahiti angekommen würden wir erst einmal alle Vorbereitungen treffen, um den Katamaran segelfertig zu machen. Wie sich allerdings schon nach kurzer Zeit heraus stellen sollte war das Leck im Getriebe nicht so leicht zu reparieren. Das Boot musste aus dem Wasser genommen werden. Was jedoch über die Feiertage nicht möglich war, da die Werften alle geschlossen waren. Mir mussten uns also mit dem Gedanken anfreunden nur mit einem Motor die Überführung zu machen. Zudem stellte sich heraus, dass auch der zweite Motor ein kleines Leck hatte. Der Gedanke auch noch den zweiten Motor möglicherweise verlieren zu können und damit unsere Flexibilität weiter eingeschränkt sein würde gefiel uns gar nicht. Dennoch entschieden wir uns so bald wie möglich aufzubrechen. Zyklon-Saison hatte schon begonnen und je länger wir warten sollten desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich weitere Zyklone entwickeln könnten. Wir wollten nur noch los. Alle Vorbereitungen waren getroffen. Montag sollten wir auslaufen. Nur noch Proviant einkaufen und noch einmal volltanken und los. Tatsächlich sollte es uns aber erst zum Mittwoch morgen gelingen endlich auszulaufen. Der bei der Einreise verantwortliche Skipper würde auch für die Ausreisepapiere verantwortlich sein. Er musste die Übergabe des Bootes den Behörden persönlich bestätigen. Fax oder Ähnliches war nicht möglich. Glücklicherweise war der Skipper immer noch auf der Nachbarinsel Moorea und konnte uns am nächsten Morgen in Papeete treffen. Jetzt war es soweit. Leinen los und nichts wie weg. Mit 5 Tagen Verspätung ging es endlich los. Was ein 10 – 12 Tages Trip werden sollte, sah nun mehr nach einem 3 Wochen Trip aus. Unsere Hoffnung galt nun den Trade Winds. In den Monaten Mai bis Oktober laufen die Trade Winde gleichmäßig in südöstlicher Richtung. Mit etwas Glück würden wir die Trades noch anfinden. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben. Wir befanden uns aber schon am unteren Ende des Monats Dezember und die Winde waren alles andere als zuverlässig. Was wir antrafen war ein ungesetteltes Wetter, daß sich fast stündlich änderte. Die Wettervorhersagen, die wir per Satellitentelefon übermittelt bekamen waren alles andere als korrekt. Eine Vorhersage, Nordost 5 – 15kt. würde sich für uns als Südwest 20 kt. herausstellen. Wind von östlicher Richtung entsprach einem Wind in nordwestlicher Richtung usw. Es war Zyklon Saison und man konnte es spüren. Auch das Wolkengebilde am Himmel änderten sich ständig. Reffen in einer Schicht. Volle Besegelung und Motorsegeln in der nächsten Schicht. Fast im 4 Stundentakt. Anhaltende Trade Winde konnten wir gerade einmal 2 volle Tage erleben. Mehr als die Hälfte der Zeit mussten wir Motorsegeln, wollten wir mindestens 5 kt. im Durchschnitt machen. Wie sich herausstellte war dieser Katamaran nicht gerade ein Performer. Glücklicherweise hatte uns der zweite Motor nicht im Stich gelassen und so erreichten wir nach 12 Tagen und ohne größere Schwierigkeiten die Insel Vava’u in Tonga an einem Sonntag Abend. Wir ankern als einziges Boot in einer kleinen Bucht für den Abend. Mike, unser Skipper, erzählt wie voll diese Bucht normalerweise ist. Cruising Boote aus aller Welt findet man hier normalerweise vor. Es ist halt außerhalb der Saison und so sind wir die einzigen, die hier heute Nacht den Anker geworfen haben. Am nächsten Tag, Montag morgens machen wir uns auf den Weg, um unsere Einreise zu klarieren. Die Behörden in Tonga willkommen uns herzlich. In dieser Jahreszeit gibt es nicht allzuviel zu tun und so lassen es sich die Herren nicht entgehen, einen kleinen Kaffeetratsch auf unserem Boot abzuhalten. Insgesamt 5 offizielle Beamte finden sich nach und nach bei uns ein und machen es sich in unserem Cockpit bei Kaffee und Crackers bequem. Und so dauern die Formalitäten einen gesamten Vormittag. Uns ist klar, wir sind jetzt in Tonga und Zeit spielt hier keine große Rolle. Am Abend steht erst einmal der Vava’u Yacht Club an. Wir sind ins Jahr 2010 hineingesegelt ohne auch nur einen Gedanken ans neue Jahr verloren zu haben. Ich war beschäftigt und abgelenkt gewesen. Jetzt war es erst einmal Zeit aufs neue Jahr anzustoßen und das vergangene Jahr passieren zu lassen. Mir kam der Gedanke wie leichtsinnig es doch in Wirklichkeit war, die Überführung mitgemacht zu haben. Ein unnötiges Risiko. Aber das war ja das alte Jahr 2009. Jetzt hatten wir 2010 und ich würde sicherlich schlauer sein in diesem Jahr. Am nächsten Morgen machten wir uns auf in ein Internet Cafe, um unsere Nachrichten zu lesen. Mike hatte schon wieder einen neuen Auftrag. Sein Auftrag: einen Tayana 53 nach Neuseeland zu überführen. Derzeitiger Liegeplatz Tahiti. Wann? Voraussichtlich im Februar. Mitten in der Zyklon Saison. Wieder einmal ein Skipper in Tahiti abgesprungen. Wir fragen uns warum. Die Antwort ist wahrscheinlich einfach zu finden. Zyklon Saison in Südpazifik. Copyright: Photoworks-Manfredi Update Feb 2010: Cyclone Rene zieht über Vava’u, Tonga am 14. Feb. 2010. mit Windgeschwindigkeiten von 90 kt. mit Böhen von 130 kt. ca. 3 Wochen nachdem ich meinen Artikel geschrieben habe.
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